Iram und
ihr Bruder Ahmed fieberten aufgeregt den bevorstehenden Tagen
entgegen. Es war Ramadan, eine Zeit, in der man Wertschätzung
lernt für die Dinge, die man besitzt, und die Zeit, in der man
jenen gedenkt, die nicht so viel besitzen.
Beide haben ihr Geld das ganze Jahr über gespart. Iram, die
sieben Jahre alt war, saß auf ihrem Bett und öffnete ihre
Spardose. Münzen fielen von der Decke. „Das ist echt viel
Geld. Mama sagt, dass wir jemandem helfen sollten. Sie möchte,
dass wir darüber nachdenken, wieviel wir haben, und dann über
jemanden, der nicht viel hat, und dass wir ihm dann etwas Gutes
tun", sagte Iram, während sie das Geld zu einem Haufen
ansammelte. „Öffne deine Spardose, Ahmed", sagte sie zu
ihrem Bruder.
Die Münzen traten aus seiner Spardose auf sein Bett. „Wow!
Wir können viel für jemanden tun mit so viel Geld", sagte
Ahmet lächelnd. „Dies ist so eine besondere Zeit im Jahr. Ich
bin froh, dass wir anderen helfen können."
„Doch wir müssen das im Geheimen
machen, Ahmet, denk daran. Wir müssen uns jemanden aussuchen und
ihm etwas sehr Gutes tun, ohne dass sie wissen, dass es von uns
ist. Wen sollen wir uns aussuchen?", fragte Iram.
„Lass uns unseren Nachbarn helfen,
Rashid und Fatima. Ich bemerkte, dass sie Löcher in ihren
Schuhen haben", sagte Ahmed.
„Das ist eine gute Idee. Wir
könnten ihnen neue Schuhe kaufen. Sie sind in dieser Hinsicht
nicht so gesegnet, wie wir es sind. Wir haben viele Schuhe,
nicht wahr?", fragte Iram mit Wertschätzung.
„Ich besitze drei Paare. Du hast
noch mehr. Lass uns neue Schuhe für sie in diesem Ramadan kaufen",
sagte Ahmed lächelnd.
Iram und Ahmed begegneten ihrer Mutter. Sie war beschäftigt mit
dem Abspülen von Geschirr. Sie sah ihre Kinder in die Küche
eintreten. „Ich werde Baklawa für heute Abend machen",
sagte sie, wohl wissend, dass ihre Familie es liebte, Baklawa
während des Monats Ramadan zu essen.
„Papa ist in der Moschee beim
Gebet. Wenn er nach Sonnenuntergang zurückkehrt, werde ich
welches gemacht haben. Inzwischen seht ihr aus, als würdet ihr
etwas aushegen."
„Wir wollen den Armen helfen. Ahmet
und ich haben unser ganzes Geld das gesamte Jahr über gespart,
und wir wollen damit unseren Nachbarn Rashid und Fatima helfen",
begann Iram.
Ahmed unterbrach sie mit Aufregung: „Wir wollen ihnen neue
Schuhe kaufen."
Mama lächelte über ihre wundervollen Kinder. Sie war so stolz
auf sie.
„Bist du nicht hungrig, Mama?",
fragte Ahmed. Er wusste, dass sie seit dem Morgengrauen nichts
mehr gegessen und nichts getrunken hat, weil sie fastet.
„Ich bin ein wenig hungrig, aber
das ist gut für mich. Mach dir keine Sorgen über mich. Wenn du
älter bist, wirst du mehr verstehen, und du wirst auch in der
Lage sein zu fasten", erklärte sie. „Möchtet ihr, dass
ich euch zum Schuhgeschäft begleite?", fragte sie.
„Würdest du das wirklich tun, Mama?
Ist unser Vorhaben also richtig?", fragte Iram.
„Aber natürlich. Lasst uns gehen.",
sagte sie.
Sie liefen zum Schuhgeschäft und traten ein. Iram suchte sich
ein Paar Schuhe für Fatima aus, und Ahmet für Rashid. Beide
waren so stolz darauf, dass sie ihr Geld gespart hatten, sodass
sie helfen konnten. Später gingen sie nach Hause und wickelten
die Schuhkartons in glattes, braunes Papier ein. Sie warteten
gespannt auf die kommende Nacht. Es würde dunkel sein und sie
könnten ihre Geschenke überbringen.
Sie Sonne begann zu sinken hinter dem Horizont. Kurze Zeit
später kam Papa nach Hause. Er und Mama hatten ein wenig
Linsensuppe und Tomaten- und Gurken-Sandwiches für uns. Mama
rief ihre Kinder: „Iram. Ahmed. Kommt und nehmt euch ein
wenig Baklawa und einige frische Datteln." Die Kinder
rannten in die Küche. Mama gab ihnen ein großes Stück.
Sie aßen alles sehr schnell, denn sie wollten so schnell wie
möglich ihre gute Tat vollbringen. „Esst langsamer, Kinder",
sagte Papa lachend.
Es wurde bald dunkel. Mama ließ die Kinder gehen und die
Geschenkboxen holen, die sie so sorgfältig verpackt hatten. Sie
legten ihre Mäntel über und gingen langsamen Schrittes über zum
Haus von Rashid und Fatima. Mama flüsterte: „Alles klar,
Kinder. Wir müssen sehr leise sein und sehr schnell. Ahmed, du
klopfst an der Tür und rennst dann hier rüber, zu diesem Busch,
wo Iram und ich uns verstecken werden. Wir werden beobachten,
wie sie herauskommen und ihre Geschenke vorfinden."
Iram und Ahmed kicherten vergnüglich. Iram und Mama versteckten
sich, und Ahmed trat mit Zehenspitzen an die Tür. Er legte beide
Geschenkboxen auf die Veranda und klopfte laut. Dann rannte er,
und rannte, und rannte, so schnell er konnte, zu dem Versteck,
wo sich Iram und Mama befanden. „Schhhht", flüsterte
Mama. „Jemand hat die Tür geöffnet."
Sie beobachteten, wie Rashid und Fatima auf die Veranda traten.
„Schau! Da sind Geschenke für uns. Jemand ließ sie hier",
rief Rashid aufgeregt. Er und Fatima sahen um sich. Es war sehr
dunkel und sie konnten niemanden sehen. Sie nahmen die Boxen mit
rein.
Nach einer oder zwei Minuten warten, um sicher zu sein, dass sie
nicht gesehen werden, schlichen Mama, Ahmed und Iram leise zu
ihrem Haus zurück. Ahmed begann zu lachen. „Papa! Papa! Wir
haben es getan! Wir schlichen uns fort und hinterließen die
Geschenke!"
Iram fügte hinzu: „Sie haben uns nicht gesehen, Papa. Sie
wissen nicht, dass wir es waren." Sie lachte auch.
Mama und Papa traten einen Schritt zurück und begutachteten ihre
Kinder. Sie waren so stolz auf sie. Sie wussten, dass ihre
Kinder die wahre Bedeutung des Gebens und des Opferns kannten.
Am nächsten Morgen, als Mama, Papa, Iram und Ahmed zu ihrem Auto
liefen, um zur Stadt zu fahren, sahen sie Rashid und Fatima, die
draußen spielten. Beide trugen ihre neuen Schuhe. Niemand sagte
etwas. Iram und Ahmed lächelten nur, weil es für sie das beste
Ramadan war.
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